"Die Situation in den Jobcentern und im Sozialgericht ist für Empfängerinnen und Empfänger von Hartz-IV nicht akzeptabel und ein sozialpolitisches Armutszeugnis!"

  • Veröffentlicht am: 8. November 2011 - 10:03

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Ingrid Wagemann

Ingrid Wagemann: „Bescheid-Erklärer im Jobcenter könnten erklären und vermitteln und viel Geld sparen helfen.“

Etwa 25.000 Prozesse gegen Hartz-IV – Bescheide aus den letzten Jahren, knapp 16.000 neue Verfahren – das sind über 40.000 Verfahren bei den Sozialgerichten in Niedersachsen, die noch nicht bearbeitet sind. Menschen, die existentiell darauf angewiesen sind, müssen viel zu lange auf eine Entscheidung warten.

 

 

 

„Warum die Anträge so fehlerhaft beschieden werden und warum die Gerichte so lange Zeit brauchen, darüber lässt sich lange diskutieren. Im Ergebnis bleibt es nicht akzeptabel und ein sozialpolitisches Armutszeugnis gegenüber denjenigen von uns, die am wenigsten haben“, erklärt Ingrid Wagemann, Vorsitzende des Sozialausschusses der Stadt Hannover.

 

 

 

Ihr Vorschlag: „Das Jobcenter und das Land Niedersachsen sollten im Interesse der Hartz IV - EmpfängerInnen ein kundenfreundliches Angebot installieren und damit auch noch Geld sparen: Mit einer Vermittlung zwischen Jobcenter und Bescheid-EmpfängerInnen können ohne lange Wartezeiten, kostengünstig und unbürokratisch in vielen Fällen Lösungen gemeinsam erarbeitet werden.“ Und weiter: „Ein solche Vermittlung sollte am besten direkt beim Jobcenter angesiedelt werden. Damit könnten zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden, schließlich gehört einiges dazu, die Bescheide des Jobcenters überhaupt lesen zu können."

 

 

 

Solche Bescheid-Erklärer arbeiten in Berlin z.B. beim Jobcenter – Mitte schon seit 2009. Sie erläutern die Anträge der Behörde. Gleichzeitig betätigen sie sich auch als „Widerspruchsprävention“ und schalten sich zwischen Sachbearbeitung und Bescheid-EmpfängerIn, wenn es etwas zu klären gibt. Ihnen gelingt es an der Schnittstelle, zu übersetzen, zu vermitteln und zu schlichten.

 

„Das geht natürlich nur, wenn man das möchte. Wenn man möchte, dass das System weiterhin möglichst kompliziert, undurchschaubar, kundenfeindlich und fehlerhaft bleibt, dann muss man eben noch mehr Richter bei den niedersächsischen Sozialgerichten beschäftigen!“ Sagt Wagemann.

 

 

 

Hintergrund:

 

HAZ- Artikel „16.000 neue Hartz-IV-Prozesse“ vom 03.11.2011