Grüne: Armutsbericht ist "gesellschaftspolitischer Warnruf"

  • Veröffentlicht am: 30. August 2010 - 14:53

"Vererbung" von Armut muss gestoppt werden - Solidaritätsbeitrag Ost muss Bildungs-Soli für Ganztagsbetreuungsplätze und Schulmittagessen werden

Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Brigitte Pothmer und der hannoversche sozialpolitische Sprecher Christopher Bodirsky haben die am Wochenende vom Landesbetrieb für Statistik vorgestellten Zahlen über die Armutsentwicklung in Hannover als "gesellschaftspolitischen Warnruf" bezeichnet. Erfolgreiche Armutsbekämpfung gelinge nicht mehr mit einzelnen Ressort-Maßnahmen, sondern müsse für und mit den Betroffenen alle Aspekte von Arbeit, Bildung, Wohnen und Erziehung zusammenführen. "Am Wichtigsten aber ist es, die Entstehung von Armut zu verhindern und das geht nur mit guter Schulbildung", so die grüne Position in Bund und Kommune. Eine geringe Bildung zu haben, bedeute gleichzeitig, auch mehr von Arbeitslosigkeit, Krankheit und Armut betroffen zu sein. Darüber hinaus bedeutet geringe Bildung in Verbindung mit Armut bei der Elterngeneration immer noch fast zwangsläufig geringe Bildungschancen für die Kinder. Dies zeigt sich auch sehr eindrücklich in dem aktuellen Bildungsbericht der Stadt Hannover mit den auseinanderklaffenden Laufbahnempfehlungen für Grundschülerinnen und Grundschüler in den unterschiedlichen Stadtteilen: Wenn in Kirchrode 78 Prozent der Kinder eine Gymnasialempfehlung bekommen und in Linden-Süd nur 14 Prozent, dann ist das ein Hinweis darauf, dass sich die soziale Spaltung auch in den nächsten Generationen fortsetzen wird. "So wird Armut geradezu vererbt", sagten Pothmer und Bodirsky. "Wir brauchen eine Offensive für massive Investitionen in die Bildungsinfrastruktur insbesondere in den benachteiligten Stadtteilen. Die wird es aber nur mit einer gemeinsamen Anstrengung von Bund, Land und Kommunen geben."

Der Bericht des Landesbetriebs zeige, dass die soziale Spaltung beängstigende Ausmaße annehme. "CDU und FDP im Bund und im Land lassen alle Warnungen verhallen. Sie verschärfen mit den aktuellen Beschlüssen zur Haushaltspolitik die Situation armer Familien und nehmen den Kommunen die letzten finanziellen Spielräume zur Verbesserung der sozialen Lage.

In Hannover gibt es nach wir vor ein Klima, in dem sich alle Hannoveranerinnen und Hannoveraner durchaus wohl fühlen und die allermeisten sehr gerne in dieser Stadt leben. Bodirsky: "Unsere Anstrengungen für die Erhaltung einer hohen Lebensqualität und für den sozialen Ausgleich sind erheblich. Ganztagsbetreuung in Kitas, Familienzentren in den Stadtteilen, der Hannover-Aktiv-Pass und viele weitere Maßnahmen bis hin zur kommunalen Initiative für bessere Ganztagsschulen in Hannover sind konstruktive Ansätze, um Bildungs- und Betreuungssituationen für alle zu verbessern. Aber unsere finanziellen Möglichkeiten reichen nicht aus."

Pothmer und Bodirsky fordern die Umwidmung des Soli-Beitrages Aufbau Ost in einen Bildungssoli, um mit den frei werdenden rund 23 Milliarden Euro bundesweit Schulmittagessen und Ganztagsschulen, Sprachförderung und vor allem eine verbesserte Personalsituation an Kitas und Schulen zu finanzieren.