Rede von Dr. Daniel Gardemin zum Haushalt im Kulturausschuss: Kulturnetzwerke und genreübergreifende Zusammenarbeit stärken

  • Veröffentlicht am: 19. Februar 2021 - 14:28

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Daniel Gardemin
Daniel Gardemin, Foto: Sven Brauers, © Grüne Hannover

Es gilt das gesprochene Wort.

Kulturnetzwerke und genreübergreifende Zusammenarbeit stärken

„Wir müssen mit einem finanziell knappen Haushalt arbeiten, trotz und gerade wegen Corona wollen wir jedoch für die Kultur Akzente setzen.

Corona trifft die Kultur- und Kreativbranche besonders hart, sie wurde als erste geschlossen und wird wahrscheinlich als letzte wieder geöffnet. Kreativ und solidarisch haben sich daher in den letzten Monaten unter anderem Onlineformate entwickelt, einige werden als neuer Baustein auch nach Corona die Szene bereichern. Die echte Begegnung und den Austausch, das Hinterfragen, das, was Kunst und Kultur ausmachen, kann aber nicht durch Digitales ersetzt werden.

Wir brauchen Kultur in echt, live, ansonsten verkümmert unsere Stadt, verkümmert unser Gemeinwesen. Kultur ist systemrelevant und systemkritisch. Dieses Feedback benötigen wir, auch und gerade in der Politik, gerade in schwierigen Zeit wie diesen.

Daher setzen wir auf durchdachte Förderung von Kultur und nicht auf Kürzung.

Der Vorfall aus den letzten Tagen zum Bereich Tanzförderung hat gezeigt, dass das Ziel des Kulturentwicklungsplans, die Förderung nachvollziehbarer und transparenter zu gestalten, dringend nötig ist. Selbstverständlich werden wir uns für alle von der Tanzjury empfohlenen und mit Zuwendungsbescheiden versehene Projekte uneingeschränkt einsetzen.

In einem Fall ist uns die Abwendung einer direkten Kürzung jedoch nicht gelungen. Die Einschnitte im Corona-Jahr 2021 für die Agentur für kreative ZwischenRaumNutzung bedauern wir außerordentlich und machen uns für möglichst baldige Kompensation stark.

Fördern konnten wir hingegen als besondere Kulturnetzwerke und Experimentierfelder das PLATZprojekt, das Cameo Kollektiv, die Jazz Musiker Initiative sowie das KlubNetz. Als wichtige Kulturorte unserer Stadt nehmen wir die Galerie für Fotografie, das Museum für textile Kunst sowie mehrere Ateliers und Projekträume in den Blick.

Das PLATZprojekt steht als flexibler Experimentier- und Begegnungsort Einzelpersonen, Initiativen und Projekten zur Verfügung. Im Rahmen des PLATZprojektes werden Kunst und Kultur, Volks- und Berufsbildung, Netzwerke, Toleranz und bürgerschaftliches Engagement gefördert. Es hat sich in den vorangegangenen Jahren zudem als wichtiger Standort für innovative Start-ups der Kultur- und Kreativwirtschaft in Hannover erwiesen. Hier werden Erkenntnisse gewonnen, die nicht nur am Standort Hannover wirken. Den stetig steigenden Anfragen an dieses erfolgreiche Projekt kann nur mit einer konstanten Struktur begegnet werden. Diese wollen wir durch eine institutionelle Förderung ermöglichen.

Als Zusammenschluss Kreativschaffender aus verschiedener Disziplinen wirkt das Cameo Kollektiv durch „Vorsprung durch Vielheit“ und setzt sich für eine gleichberechtigte Gesellschaft ein. Das Kollektiv stärkt als Projektherberge mit zahlreichen Kooperationspartner*innen die Pluralität der Stadt und die Weiterentwicklung des Kultur- und auch des Bildungsangebots. Ein Wechsel des Blickwinkels findet hier wie selbstverständlich statt. Wir haben uns daher für eine verlässliche städtische Förderung stark gemacht, um dem Cameo Kollektiv eine Arbeitsperspektive zu bieten.

Die Förderung der jungen, innovativen Jazzszene in Hannover ist aus guten Gründen als Musikschwerpunkt im Kulturentwicklungsplan verankert. Die Jazzmusiker Initiative Hannover ist das Sprachrohr und die Netzwerkorganisation für die freie Jazzszene und trägt maßgeblich zur professionellen Umsetzung dieses Schwerpunkts bei. Zudem konnte die Initiative in den letzten Monaten von der Corona-Krise besonders betroffene Musiker*innen unterstützen und hielt mit kreativen Formaten die Szene am Laufen.

Die Galerie für Fotografie „GAF“ in Hannover befasst sich in ihren Ausstellungen mit aktuell relevanten politischen und sozialen Themen. Das Ausstellungsprogramm wird durch Diskussionsrunden und Vorträge ergänzt, unterschiedlichen Generationen werden wichtige Bildkompetenzen vermittelt. Die „GAF“ und ihr Verein bieten zudem Studierenden des hannoverschen Studiengangs Fotojournalismus und Dokumentarfotografie eine wichtige Ausstellungsplattform und ein weit verzweigtes Netzwerk.

Neben dem Museum für textile Kunst, welches als Kleinod eine besondere Sammlung aus hochwertigen Textilien, Kunstobjekten und Handwerkstechniken zeigt, wollen wir fünf experimentier- und kontaktfreudige Ateliers fördern. Für zunächst vier Jahre wird für die Galerien BOHAI, ad/ad Project Space, konnektor und den Keller Drei sowie das Residenzprogramm Niki eine Grundförderung eingerichtet. Dies ermöglicht den genannten fünf Planungssicherheit und die Möglichkeit der gezielten Weiterentwicklung. Zudem verschafft dies im Fonds für Projektraumförderung etwas mehr Luft für die Förderung von weiteren Nachwuchskünstler*innen der Bildenden Kunst.

Besondere Erwähnung finden soll anlässlich "1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland" die Etablierung der Europäischen Route des jüdischen Kulturerbes in Hannover sowie die Förderung der Villa Seligmann mit ihrem Programm aus Konzerten, Vorträgen und Ausstellungen zur jüdischen Musik. Zwei Bausteine, die die hannoversche Kulturlandschaft besonders bereichern.

Über den Bereich Stadtentwicklung- und Bau haben wir einen fachbereichsübergreifenden Antrag eingebracht, der die digitale Erweiterung der Stadtmodelle im Rathausfoyer voranbringen soll. Die Hannoversche Geschichte und Gegenwart soll für alle Einwohner*innen und Gäste zeitgemäß erlebbar werden.

Ein bereits vielfach diskutiertes Thema bringen wir zudem auf den Weg: Die Entwicklung eines Konzeptes zur Koordination der einvernehmlichen Nachtkultur Hannovers, bekannt geworden unter dem Stichwort Night Mayor, bzw. Nachbeauftragte*r. Von vielen Seiten besteht der Wunsch nach einer Person, die mit den Bedürfnissen und Herausforderungen des Nachtlebens vertraut ist, die verschiedenen Interessengruppen beraten und zwischen ihnen vermitteln kann. Gleichermaßen soll die Qualitäten der Klub- und Konzertkultur hervorgehoben werden. Als wichtiges Kulturgut bietet die Klubszene Entwicklungsräume für Nachwuchsmusiker*innen, leistet einen wichtigen Beitrag zur Kultur- und Lebensqualität in der Stadt und stärkt als Teil der Kreativwirtschaft den „Creative Footprint“ von Hannover. Das KlubNetz ist als Verband für Konzertkulturschaffende hierfür, und für zahlreiche weitere Aufgaben ein wichtiger Partner. Daher haben wir für seine Arbeit eine feste Förderung eingerichtet.

Wir haben uns damit als Grüne dafür entschieden, in diesem Haushalt speziell die Netzwerke und genreübergreifende Akteur*innen zu unterstützen, die Austausch und Zusammenhalt besonders befördern. Von ihrer Arbeit profitieren zahlreiche Künstler*innen und Besucher*innen, ihr Engagement zeigt die Möglichkeiten und Vielfalt Hannovers. Sie tragen außerdem zu dem Profil der Kulturlandschaft Hannovers bei, das Ziel des Kulturentwicklungsplanes ist.

Eine lebendige Kulturlandschaft Hannovers stärkt unsere Stadt. Sorgen wir dafür, dass Kultur in ihrer Vielfalt bald wieder in und für Hannover stattfinden kann. Vielen Dank allen, die daran mitwirken.“

 

Die Bündnis-Anträge zum Kulturhaushalt 2021/2022 im Einzelnen:

  • PLATZprojekt e.V.: Neu +20.000 € in 2021, +40.000 € in 2022
  • Cameo Kollektiv e.V.: Neu +20.000 € in 2021, +40.000 € in 2022
  • KlubNetz e.V.: Neu +15.000 € in 2021, +25.000 € in 2022
  • Jazzmusiker Initiative Hannover e.V.: + 14.333 € in 2021, + 14.275 € in 2022
  • GAF/Verein zur Förderung der Fotografie in Hannover e.V.: +12.465 € in 2021, +12.448 € in 2022
  • Museum für textile Kunst e.V.: Neu + 10.000 € in 2021 und 2022 sowie zukunftsorientierte Unterstützung durch das Kulturbüro
  • Atelier- und Projektraumförderung: Grundförderung für Galerien BOHAI, ad/ad Project Space, konnektor und den Keller Drei sowie das Residenzprogramm Niki: +60.000 € in 2021 und 2022
  • Europäischen Route des jüdischen Kulturerbes: Neu +15.000 € in 2021
  • Villa Seligmann: Neu +10.000 € in 2021 und 2022
  • up and coming Festival: +7.000 € in 2021 und 2022
  • LUMIX Festival: Neu +10.000 € in 2022
  • Spitzenensembles und Projekte klassische Musik in 2021 und 2022: +10.000 € la festa musicale, +5.000 € imPuls, +5.000 € Zeitlupe
  • Ensemble Megaphon in 2021 und 2022: + 6.750 €
  • Knabenchor Hannover: +5.000 € in 2021, +10.000 € in 2022
  • Internationaler Wettbewerb für Choreographie: +10.000 € in 2021 und 2022
  • Zeitschrift Die Horen: +10.000 € in 2021 und 2022
  • Initiativen zur kulturellen Bildung: Kürzung um 25.000 € in 2021, durch Corona nicht verwendete Mittel aus 2020 werden nicht übertragen
  • Agentur für kreative Zwischenraumnutzung: Kürzung um 10.000 € in 2021
  • Erhöhungen, welche von der Verwaltung für Sammeltöpfe eingesetzt wurden, werden zur Gegenfinanzierung von konkreten Förderungen genutzt: Sammeltopf Bildungsnetzwerke Verschiedenes: -10.264 € in 2021, -79.736 € in 2022 // Sammeltopf Projektmittel Darstellende Kunst aus Mitteln der Tanzjury (wird überarbeitet): -20.400 € in 2021, -30.000 € in 2022 // Sammeltopf Projektförderung Bildende Kunst: -21.774 € in 2021 und 2022

 

Begleitanträge:

  • Stärkung des Tanzraums in der Kunsthalle Faust, Landerer&Company
  • Erhebung des Sanierungsbedarfs der Dorfgemeinschaftsanlage Wülferode
  • Abschluss eines Fördervertrags für das Wilhelm Busch – Deutsches Museum für Karikatur und Zeichenkunst mit Zielvereinbarungen
  • In Zusammenarbeit mit dem Bereich Stadtentwicklung und Bau: Erstellung eines fachbereichsübergreifenden Konzepts zur Digitalisierung der Stadtmodelle
  • Konzeptentwicklung für eine*n Beauftragte*n für Nachtkultur