Einfach genial - Zellulose an Hannovers Schulen

  • Veröffentlicht am: 24. Juli 2007 - 10:50

Die akustische Beschaffenheit der Klassenräume lässt zu wünschen übrig - nun gibt es eine originelle Lösung.

Nach neuesten Erkenntnissen ist der Bedarf, den Lärmschutz an Schulen zu optimieren größer als bisher angenommen. Wenn sich Lehrerinnen nicht verständlich machen können, liegt das keineswegs an ihren sprachlichen Fähigkeiten, sondern häufig an der akustischen Beschaffenheit der Klassenräume.

Die Wände werfen den Schall zurück in den Raum. Dieser so genannte Nachhall überlagert das gerade Gesprochene, so dass die Schülerinnen den Unterrichtsstoff nur schwer verstehen können. Im Unterricht schaukelt sich die Lautstärke dann regelrecht hoch: die Schülerinnen werden lauter, weil sie nichts verstehen, die Lehrerin spricht lauter, weil sie verstanden werden will.

 

"Das macht richtig krank. Nicht umsonst klagen viele Schülerinnen über Kopfschmerzen. Hörsturz und Heiserkeit sind bei Lehrerinnen schon Berufskrankheiten", sagt Regine Kramarek, schulpolitische Sprecherin der Grünen.

Dabei handelt es sich nicht alleine um ein pädagogisches Problem. Man weiß aus Untersuchungen, die in Bremen und Osnabrück gemacht wurden, dass Lärm an Schulen ein vielschichtiges Problem ist, was häufig allerdings als ein pädagogisches Problem abgetan wird.

"Nur greifen pädagogische Interventionen nicht, wenn keiner ein Wort versteht." meint Kramarek.

 

Dagegen wollen die Grünen etwas unternehmen. In Österreich wurde ein Verfahren mit Zellulose entwickelt, was auch noch kostengünstig und umweltschonend ist. Die Zellulose - Flocken sind ein Recyclingprodukt, welches zur Verarbeitung mit Leim vermischt wird. Auf die Wände wird eine drei Zentimeter dicke Schicht gespritzt, die stark Lärm dämmend wirkt. Die Nachhallzeit kann dadurch so stark reduziert werden, dass niemand mehr laut werden muss. Dieses Verfahren kann auch in Hannovers Schulen in die Sanierungsmaßnahmen aufgenommen werden.

 

"Das ist Gesundheitsprävention pur, außerdem können sich die Schülerinnen besser konzentrieren, die Leistungsfähigkeit der Schülerinnen wird unterstützt." sagt Kramarek und ergänzt: "Eine moderne Schule ist heute nicht nur Frontalunterricht. Wir müssen viel mehr für eine gesunde Entwicklung unserer Kinder und für einen guten Lehr - Lern - Prozess die Umgebung in den Schulen gestalten. Nur wer sich in seiner Umgebung wohl fühlt, lernt auch vernünftig."

 

Hintergrundinformationen:

Zahlreiche Studien zur Raumakustik belegen, dass besonders Grundschulkinder auf optimale Hörbedingungen angewiesen sind. Dies gilt besonders für Kinder mit Hör-, Lern-, und / oder Aufmerksamkeitsstörungen, sowie für Kinder, die in ihrer Zweitsprache unterrichtet werden.

Aus der Gedächtnisforschung ist bekannt, das Hintergrundschalle schon bei geringer bis mittlerer Lautstärke zu einer Störung des Kurzzeitgedächtnisses führen können. In Studien zeigten Grundschülerinnen eine Leistungsverschlechterung von bis zu 25 Prozent, wenn die Gedächtnisaufgabe von Hintergrundgeräuschen begleitet wurde.

Die Studien zeigen auf, dass Sprechen, Lesen und Schreiben lernen durch eine "lärmige" Umgebung stark beeinflusst werden.

Die in Österreich entwickelte Methode wurde inzwischen auch in Deutschland durch den Akustik- und Trockenbaumeister Andreas Thiele aus Leipzig erfolgreich in mehreren Schulen angewandt. Das Material bietet zudem eine hohe und kostengünstige Umweltverträglichkeit.