Neveling: AfD-Verbotsverfahren jetzt einleiten - Wir wollen alle demokratischen Mittel ausschöpfen

  • Veröffentlicht am: 25. Januar 2024 - 17:01

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Monika Neveling, Sprecherin für Antifaschismus / Foto: Sven Brauers

In die heutige Ratssitzung haben wir als Fraktion von Bündnis90/Die Grüne + Volt + Piratenpartei den Antrag „AfD-Verbotsverfahren jetzt einleiten“ eingebracht. Die Fraktionen von SPD, CDU und FDP reichten zu unserer Initiative einen Änderungsantrag ein. Diesem haben wir, speziell mit Blick auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23.01.2024, als sinnvolle Ergänzung zugestimmt. Mit 59 Zustimmungen wurden beiden Anträge vom Rat der Landeshauptstadt Hannover beschlossen.

 

Monika Neveling, unsere Sprecherin für Antifaschismus, betonte in ihrem Redebeitrag:

„Wir bringen heute einen Antrag in den Rat ein, mit dem wir ein AfD-Verbotsverfahren unterstützen. Dieses Prüfverfahren durch das Bundesverfassungsgericht zu einem möglichen Verbot der AfD wird kontrovers diskutiert. Auch zu diesem Diskurs wollen wir mit unserem Antrag beitragen.

Wir brauchen eine Auseinandersetzung über das demokratiezerstörende Wirken der AfD und über die Möglichkeiten, dem wirkungsvoll entgegenzutreten. Die Unterwanderung demokratischer Strukturen und unserer freiheitlichen Werte darf nicht weiter voranschreiten. Der Diskurs ist wichtig, um Menschen einzubinden, politische Bildung voranzubringen und die Demokratie lebendig zu halten. Unser Antrag will dazu beitragen, eine Haltung zu entwickeln. Auch Teilverbote sollten in die Überlegungen mit einbezogen werden.

 

Aber die Frage nach einem entweder/oder, entweder eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der AfD und ihrer faschistischen Ideologie oder ein Verbotsverfahren, stellt sich uns Grünen nicht. Seit Langem setzen wir uns mit der rechten Ideologie und der politischen Arbeit der AfD auseinander, oft genug auch hier im Rat. Und das werden wir auch weiterhin konsequent und auf allen Ebenen tun. Doch es ist deutlich geworden, dass eine der Methode alleine nicht reicht.

Als Ratspersonen besuchen wir Gedenkstätten, legen regelmäßig Kränze nieder, fördern die Erinnerungskultur, wir demonstrieren auf dem Opernplatz direkt neben dem Mahnmal,

betonen immer wieder - auch gegenüber Zeitzeug*innen oder aktuell von rechter Gewalt Betroffenen - dass wir so etwas „Nie wieder“ zulassen - und lassen dann dieses demokratische Mittel des Verbotsverfahrens außer Acht? Das wäre aus meiner Sicht halbherzig und unehrlich.

Und so schöpfen wir alle demokratischen Mittel aus und stellen diesen Antrag, um auf eine Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht hinzuwirken. Dafür sind in den letzten Tagen auch tausende Menschen in Deutschland auf die Straße gegangen und haben Petitionen unterzeichnet.

Natürlich entscheiden nicht wir als Rat der Stadt Hannover über das Parteiverbot, sondern das Bundesverfassungsgericht. Aber wir transportieren mit unserem Antrag eine klare Haltung, alle, wirklich alle Hebel in Bewegung zu setzen, um uns rechter Ideologie, Hass und Hetze entgegenzustellen.

 

Das Verbotsverfahren muss natürlich weiterhin mit konsequentem, inhaltlichen Vorgehen gegen Rechts und dem Entlarven rechter Strategien kombiniert werden. Sonst nutzt die AfD, wie auch schon oft und gerne hier im Rat, die vermeintliche Opferrolle für sich aus.

 

Personen und Gesinnung der AfD verschwinden nicht bei einem Verbot der Partei, neue Gruppen bilden sich bereits. Die Parteiform gibt dem Ganzen aber einen Rahmen für verschiedene rechten Strömungen, bietet eine Marke sowie Ressourcen und finanzielle Mittel und nicht zuletzt eine Legitimation.

 

In Hannover hingen Wahlplakate mit dem Slogan „AfD ist Ok“ mit einem lächelnden Smiley mit hochgerecktem Daumen. Das ist eine Verharmlosung, die nicht zu überbieten ist und zeigt einmal mehr die gefährliche Strategie dieser Partei. Ohne ein Parteiverbotsverfahren geben wir der demokratiezersetzenden AfD weiterhin die Möglichkeit, gleichwertiger Teil unserer demokratischen Wahlen zu sein.

 

Wir haben als demokratische Parteien einen langen Weg vor uns, dem weiterhin entgegenzutreten. Aber dafür haben wir Grüne definitiv auch einen langen Atem und ich fordere alle anderen hier auf, mitzugehen. Gerade in der aktuellen Situation im hannoverschen Rat sind alle gefragt, sachorientiert zusammenzuarbeiten und Parteispielchen und Polemik hinter sich zu lassen. Nichts sorgt für mehr Politikverdrossenheit und Zulauf zu rechten Parteien, als der Eindruck bei den Bürger*innen, „die da oben“ würden nur um sich selbst kreisen und ihr Amt nicht ernst nehmen.

 

Die Berichte über das Treffen in Potsdam haben viele Menschen wachgerüttelt. Aber wer die Strategie der AfD aufmerksam verfolgt, weiß, das ist nur die Spitze des Eisbergs.

Wir betonen hier alle gerne, Hannover sei vielfältig und weltoffen. Genau diese Vielfalt und Weltoffenheit steht gerade auf dem Spiel, denn die entsprechenden Personen stehen im gefährlichen Fokus der AfD: Menschen mit Migrationsgeschichte, Menschen aus unterschiedlichen Religionsgemeinschaften, Menschen mit Behinderung, Menschen aus der queeren Community, Feminist*innen, Klimaschützer*innen, Künstler*innen, politisch Aktive und dabei anders Denkende. Und plötzlich fällt einem auf, dass es so gut wie jeden und jede treffen könnte. Die Person neben mir oder mich selbst.

 

Das Grundgesetz bietet mit seinen Menschenrechten die Basis unserer Demokratie, genau diese Menschenrechte werden von der AfD untergraben. Aber ich möchte dazu Karl Popper zitieren: „Wenn wir nicht bereit sind, eine tolerante Gesellschaftsordnung gegen die Angriffe der Intoleranz zu verteidigen, dann werden die Toleranten vernichtet werden und die Toleranz mit ihnen.“

 

Nutzen wir also alle uns zur Verfügung stehenden demokratischen Mittel, um unsere plurale Gesellschaft, unsere Freiheit, das Grundgesetz und unsere Demokratie zu schützen und zu verteidigen.“

(Es gilt das gesprochene Wort.)

 

Hintergrundinformationen:

Der Antrag „AfD-Verbotsverfahren jetzt einleiten“ der Fraktion Bündnis90/Die Grüne + Volt + Piratenpartei mit der DS-Nummer 0106/2024 ist hier verlinkt.

Der Änderungsantrag dazu mit der DS-Nummer 0179/2024 von SPD, CDU, FDP ist hier nachzulesen.