Herrenhäuser Schloss: Rückwärtsgewandt oder zukunftsoptimistisch?

  • Veröffentlicht am: 11. April 2008 - 15:15

Grüne Ratsfraktion möchte eine konstruktive Diskussion zur Gestaltung des Herrenhäuser Schlosses.

Das Schloss Herrenhausen soll wieder aufgebaut werden. Dies ist die erklärte Absicht der Volkswagen Stiftung und des eigens zum Aufbau gegründeten "Freundeskreis Schloss Herrenhausen". Die Liste der Gründungsmitglieder dieses Vereins umfasst, glaubt man Rainer Beckmann, Vorsitzender des Vereins, "fast die gesamte Stadtgesellschaft".


Nun, eben "fast", denn die Liste liest sich eher wie "who is who" aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik. Wo wird Frau Meyer aus Herrenhausen und Herr Müller aus der Nordstadt erwähnt, wie werden die interessierten Jedermanns der (Stadt)Bürgerschaft in die Diskussion einbezogen?

Die Auseinandersetzung um einen Wiederaufbau oder Abriss des Baus ist nicht neu. Unter Georg III (1760 - 1820) waren das Schloss und der Garten schon sich selbst überlassen und dem Verfall preisgegeben. 1775 wurde bereits über einen Abriss nachgedacht. Diese Diskussion war jedoch mit den baulichen Veränderungen im Stil des Klassizismus durch G.L.F. Laves zwischen 1819 bis 1821 beendet.

Das, was nach der Zerstörung 1943 übrig blieb, war der letzte bauliche Zustand des Schlosses, lediglich die 1965 abgetragene, geschwungene Freitreppe, die halbrunde Eingangshofmauer mit den Domestikenhäusern und drei von Laves gestaltete Gittern waren übrig geblieben.

In den 50er und 60er Jahren des letzten Jahrhunderts wurden viele Lösungen mit neuen Inhalten entgegen eines Wiederaufbaus diskutiert. Auch diese fanden ihren abschließenden Höhepunkt in der Ablehnung des Entwurfs einer Betonschalenkonstruktion des dänischen Architekten Arne Jacobsen, mit dem schönen Namen "Bella Vista". Die Umsetzung dieses Neubaus mit Restaurant und Aussichtsplattform scheiterte am heftigen Widerstand der Öffentlichkeit und den Bedenken der Fachwelt. Zuletzt wurde zur Expo 2000 über die historische Bedeutung des Ortes gestritten.


Nicht unerwähnt bleiben sollten in diesem Zusammenhang die Diskussionen, die sich auch um den Symbolcharakter eines solchen Schlosses, seiner Architektur und die neumodische Nostalgie historischer Bauten dreht. Zerstörtes wiederaufzubauen, es zu konservieren ist kulturell ein relativ neuer Umgang mit der Geschichte. Phillip Blom, Historiker, meint in uns die erste Kultur zu finden, die das Alte verehrt, nur weil es alt ist ("Schafft die Museen ab", Phillip Blom in die "Zeit", 03.02.2008). Bis zum 19. Jahrhundert war es nämlich normal, Altes abzureißen und Neues aufzubauen - so stehen die meisten unserer Kirchen auf noch viel älteren Gemäuern - vermissen wir sie deshalb? Wäre ein Bau, entstanden aus einem Architekten - Wettbewerb, ausgerichtet auf Gegenwart und Zukunft, auf historisch bedeutendem Boden auch eine Option? Andererseits mögen wir alle unser Künstlerhaus in Hannover und seine Fassade - davon war allerdings vielmehr zur Rekonstruktion erhalten geblieben.

Nach wie vor ist die Identität stiftende Diskussion um Altertum und Moderne, alte Verpackung für neuen Inhalt, Symbole und ihre Verehrung, für die Stadtgesellschaft von Bedeutung. Diese Auseinandersetzung möchte die Grüne Ratsfraktion durch ein Symposium zur Architektur, historische Verklärung und kulturelle Nutzung des Schlosses Herrenhausen am 7. März beginnen.



Lothar Schlieckau